Die Folgen des Klimawandels für die psychische Gesundheit

DATUM: Donnerstag, 01. März 2018
ZEIT: 10:30 – 12:30 Uhr
RAUM: L 115
PLANUNG UND MODERATION: Susanne Kraft (Günzburg), Julia Gogolewska (Berlin)

Beim Thema Klimawandel denkt man üblicherweise nicht an psychische Erkrankungen, sondern an den steigenden Meeresspiegel, Hitzewellen, Dürren, Wirbelstürme, Überflutungen, und an Folgen wie körperliche Verletzungen, Flucht oder Tod. Der Klimawandel hat jedoch auch Folgen für die psychische Gesundheit, welche erst langsam in Forschung und Öffentlichkeit mehr beachtet werden. Verschiedene Studien zeigten u. a., dass Wetterereignisse wie Wirbelstürme oder Überflutungen zu akuten und posttraumatischen Belastungsreaktionen, Ängsten, Depressionen, Suchterkrankungen oder erhöhter Suizidalität führen können. Auch sind Personen, die bereits an einer psychischen Erkrankung leiden oder/und sozial benachteiligt sind, meist stärker von Extremwetterereignissen (wie sie zukünftig vmtl. noch häufiger auftreten werden) betroffen. In diesem Symposium geben wir zunächst eine allgemeine Einführung in das Thema Klimawandel und Gesundheit, und gehen dann speziell auf den Forschungsstand
zu den Folgen der globalen Erwärmung für die psychische Gesundheit ein. Während Experten die globale Erwärmung als eine der größten Herausforderungen für die menschliche Gesundheit betrachten, besteht auf Verhaltensebene (individuell, gesellschaftlich und politisch) noch eine unzureichende Reaktion auf diese Bedrohung. Psychologische Erklärungsansätze hierfür, sowie Handlungsoptionen für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, werden diskutiert.

REFERATE:

Vijoleta Gordeljevic (Brüssel/Belgien)

Der Klimawandel: die größte Herausforderung für die Gesundheit im 21. Jahrhundert

Was genau bedeutet der Klimawandel für unsere Gesundheit und wie gefährlich ist ein wärmeres Klima? Dieser Beitrag wird einführend über die Ergebnisse der Forschungskommission zu Gesundheit und Klimawandel („Commission on Health and Climate Change“) der medizinischen Fachzeitschrift „The Lancet“
berichten und zeigen, wieso der Klimawandel „die größte Herausforderung für die Gesundheit im 21. Jahrhundert“ darstellt. Es wird u. a. auf Hitzewellen, Luftverschmutzung und die zunehmende Ausbreitung infektiöser Krankheiten und Allergien eingegangen, bevor der danach folgende Vortrag die psychischen Auswirkungendes Klimawandels analysiert.

Susanne Kraft, Thomas Becker, Bernd Puschner (Günzburg)

Gefährdet der Klimawandel die psychische Gesundheit? Ein Überblick über den aktuellen Forschungsstand

Der Klimawandel kann sich auf vielfältige Weise auf die psychische Gesundheit und das psychische Wohlbefinden auswirken. Dieser Beitrag möchte einen Einblick in den Forschungsstand zum Thema geben. Unter anderem werden erste Ergebnisse eines systematischen Reviews zum Auftreten von psychischen Erkrankungen/Symptomen (z. B. Ängsten, Depressionen, Posttraumatische Belastungsstörungen, Suizidalität) im Kontext von Extremwetterereignissen (z. B. Wirbelstürmen, Überflutungen, Dürren) präsentiert. Verschiedene Studien berichteten eine erhöhte psychische Belastung, v. a. bei bestimmten Personengruppen (z. B. Menschen, die durch das Ereignis Verluste erlitten oder in eine finanzielle Notlage gerieten). Prädiktoren werden analysiert und mögliche Handlungsfelder für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten diskutiert.

Torsten Grothmann (Oldenburg)

Möglichkeiten für ein Empowerment zur Vermeidung psychischer Belastung und zur Steigerung des Klimahandelns? Ideen aus der psychologischen Forschung

Zwar antworten die meisten Menschen in repräsentativen Bevölkerungsbefragungen, dass sie der Klimawandel emotional nicht oder nur wenig tangiert, dennoch könnte es sein, dass es sich bei diesen Antworten um Abwehrstrategien in Reaktion auf das Gefühl persönlicher Hilflosigkeit gegenüber dem globalen Klimawandel handelt. In Rückgriff auf psychologische Stress- und Handlungsmodelle und aktuelle Forschungsergebnisse stellt der Beitrag daher die Frage, auf welche psychischen Faktoren Interventionen abzielen könnten, die sowohl psychische Belastungserscheinungen durch die Folgen des Klimawandels vermeiden als auch die persönliche Handlungsmotivation fördern, um notwendiges Klimaschutz- und Anpassungshandeln (z. B. Vorsorge gegenüber Wetterextremen) zu unterstützen. Hierbei wird unter anderem auf individuelle und kollektive Wirksamkeitsüberzeugungen, soziale Identitäten und Identifikationen sowie angenehme und unangenehme Emotionen eingegangen.

Julia Gogolewska (Berlin)

Klimawandelkommunikation als „verzwicktes“ Unterfangen: Anlass für einen Paradigmenwechsel und Aufgabenfeld für PsychotherapeutInnen?

Der Klimawandel ist ein „verzwicktes“ Problem, das praktisch alle Teile der Gesellschaft vor komplexe Handlungsanforderungen stellt. Wie das entsprechende Handeln ausfällt, darüber entscheidet maßgeblich auch die Qualität der Kommunikation, welche Interventionen oder Handlungsapelle begleitet. Anhand einiger Besonderheiten des Themas Klimawandel wird gezeigt, dass ein Kommunikationsmodell der reinen Wissensvermittlung nicht mehr haltbar ist. An dessen Stelle treten Modelle, bei denen Feedback und die Beziehung zwischen Sender und Empfänger eine größere Bedeutung einnehmen. Der Beitrag untersucht verschiedene Aspekte der Klimawandelkommunikation und stellt die Frage nach geeigneten Kommunikatoren sowie geeigneten Räumen der Kommunikation. Praktische Ansätze werden vorgestellt und entstehende Aufgabenfelder für PsychologInnen und PsychotherapeutInnen abgeleitet.