Planung und Moderation: | Nele Dippel |
Datum: | Sonntag, 19.03.2023 |
Uhrzeit: | 10:30-12:30 Uhr |
Referate
CBASP@YoungAge - Ein modulares Therapieprogramm für Kinder und Jugendliche mit Depression und interpersonellen Problemen
Depressionen sind bereits im Kindes- und Jugendalter von eindeutiger Relevanz. Betroffene zeigen bedingt durch die Erkrankung deutliche Beeinträchtigungen. Assoziierte Folgen sind auch über die Symptome hinausgehende Entwicklungseinschränkungen in den unterschiedlichsten Lebensbereichen, sowie ein erhöhtes Risiko für chronische Verläufe im Erwachsenenalter. Depressionen müssen damit auch in diesen frühen Entwicklungsphasen rechtzeitig erkannt und adäquat behandelt werden. Es herrscht Bedarf an wirksamen und auf die Altersgruppen zugeschnittenen neuen Psychotherapiemethoden, insbesondere da bisherige Studien zur Wirksamkeit der Psychotherapie bezogen auf die Qualität sehr heterogen sind und auf kleine Effektstärken hinweisen (Oud et al., 2019; Eckshtain et al., 2019; Weisz et al., 2016).
Basierend auf CBASP (Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy; McCullough, 2003), Forschungsergebnissen zum Einbezug von Bezugspersonen in die Psychotherapie (Dippel et al., under review) und modularer Interventionen (z.B. Weisz et al., 2012) konzipierten wir ein modulares, individualisiertes Therapieprogramm für Kinder und Jugendliche. Die Behandlung von depressiven Symptomen, mit zusätzlicher Adressierung der daraus resultierenden interaktionellen Schwierigkeiten mit primären Bezugspersonen, sind die Hauptansatzpunkte für CBASP@YoungAge (vgl. Brakemeier, Guhn, Normann, 2021).
Es wurden bereits bewährte Techniken von CBASP (Arbeit mit Prägungen, Situationsanalysen, Kiesler-Kreis, therapeutische Beziehungsgestaltung durch diszipliniertes persönliches Einlassen) für verschiedenen Altersgruppen angepasst. Bezugspersonen werden, basierend auf den CBASP-Techniken in die Therapie direkt einbezogen. Insbesondere sollen durch ein interpersonelles „Kiesler-Kreis-Training“ wechselseitige dysfunktionale familiäre Beziehungsdynamiken aufgedeckt und verändert werden. Weitere Therapiemodule, basierend auf evidenzbasierten Methoden, werden bei Komorbiditäten modular integriert. Aktuell wird das Programm im Rahmen einer Pilotstudie im ambulanten Rahmen erstmalig eingesetzt. Die Ziele bestehen darin, die Machbarkeit und Wirksamkeit des für Kinder und Jugendliche adaptierten Konzeptes im ambulanten Setting erstmalig zu überprüfen.
Titel: „ich bin alles“: Infoportal zur Depression und psychischen Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen
Trotz wirksamer Therapieangebote begeben sich nur wenige an Depression erkrankte Kinder und Jugendliche in Behandlung. Barrieren umfassen u.a. mangelndes Wissen über die Erkrankung bei den Betroffenen und ihren Familien sowie Angst vor Stigmatisierung. Angesichts der schwerwiegenden Folgen depressiver Störungen bei Kindern und Jugendlichen wollen wir mit der Bereitstellung des innovativen und webbasierten Infoportals „ich bin alles“ (www.ich-bin-alles.de) einem dringenden Handlungsbedarf zeitgemäß gerecht werden.
Die Plattform wurde u.a. auf Basis der S3-Leitlinie zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit einer depressiven Störung entwickelt und richtet sich an gesunde und an Depression erkrankte Kinder und Jugendliche sowie an deren Eltern. Diese Zielgruppen wurden bei der Entwicklung der Webseite kontinuierlich miteinbezogen. „ich bin alles“ informiert umfassend und evidenzbasiert über Symptomatik, Diagnostik, Ursachen und Verlauf sowie Behandlungsformen der Depression bei Kindern und Jugendlichen und bietet darüber hinaus Tipps zum Erhalt der psychischen Gesundheit.
Ausgewählte Teile der Webseite wurden in mehreren Studien bei den unterschiedlichen Zielgruppen (Kinder und Jugendliche mit Depression, gesunde Kinder und Jugendliche sowie Eltern dieser beiden Gruppen) wissenschaftlich evaluiert. Dabei wurden u.a. Wissenszuwachs sowie die Akzeptanz der Plattform untersucht. Die Ergebnisse werden aktuell ausgewertet und auf der Tagung neben der Vorstellung des Infoportals präsentiert.
Sara Kaubisch; Regine Primbs; Lucia Iglhaut; Maartje Kloek; Charlotte E. Piechaczek; Pia-Marie Comanns; Lisa Feldmann; Ellen Greimel & Gerd Schulte-Körne
Titel: Chatbots zur Behandlung depressiver Störungen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen? Einblicke in die Entwicklung des Chatbots „Cady“
Chatbots sind vielversprechende digitale Anwendungen, die über natürliche Sprache, z.B. mithilfe von Textnachrichten, mit Nutzer*innen interagieren. Sie haben das Potenzial, Barrieren der Inanspruchnahme von Hilfsangeboten und Limitationen bisheriger digitaler Interventionen, wie den Aufbau einer therapeutischen Beziehung, zu reduzieren. Während Chatbot-Studien bei Erwachsenen eine ausreichende Akzeptanz, Machbarkeit und vielversprechende Wirksamkeit gezeigt haben, ist nicht viel darüber bekannt, wie ein Chatbot für Jugendliche und junge Erwachsene mit depressiven Störungen gestaltet werden soll.
Im Forschungsprojekt „Cady“ entwickeln wir entlang eines menschenzentrierten Entwicklungsprozesses einen Chatbot für Jugendliche und junge Erwachsene mit depressiven Störungen. In einer ersten Studie (n = 15) haben wir mithilfe von Interviews die Bedürfnisse, Präferenzen und Gestaltungswünsche für einen solchen Chatbot ermittelt. Im Anschluss haben wir auf Basis dieser Ergebnisse einen Prototyp auf Basis der Kognitiven Verhaltenstherapie entwickelt. Den Prototypen haben wir in einer zweiten Studie (n = 20) mit der Think-Aloud Methode, Interviews und Fragebögen im Labor evaluiert. Aktuell entwickeln wir die „Cady“ Smartphone-App.
Im Vortrag soll zunächst eine allgemeine Einführung in Chatbots zur Förderung psychischer Gesundheit gegeben werden. Anschließend möchten wir das Forschungsprojekt „Cady“ und die Ergebnisse der beiden Studien vorstellen.
Florian Onur Kuhlmeier; Ulrich Gnewuch; Eva-Lotta Brakemeie; Stefan Lüttke
Titel: Wie weiter nach der Klinik? Poststationäre Nachsorge 4.0 für Jugendliche und junge Erwachsene mit depressiven Störungen: Das Leuchtturmprojekt „iCAN“
Zuletzt ist die Zahl der Klinikbehandlungen wegen einer Depression bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen in erheblich angestiegen (Statistisches Bundesamt, 2017). Etwa 20% dieser Fälle sind Rehospitalisierungen, die auf eine unzureichende Nutzung ambulanter Nachsorgeangebote zurückzuführen sind und zu enormen Belastungen für das Gesundheitssystem führen (Greiner et al., 2019). Dieser ungünstigen Entwicklung soll das Projekt iCAN entgegenwirken, das 3,6 Mio. EUR vom G-BA Innovationsfonds gefördert wird. Mit 30 Studienzentren, 9 Krankenkassen und der Unterstützung u.a. der Stiftung Deutsche Depressionshilfe, BPtK, BVDP und BVDN ist iCAN eines der größten Projekte zur Verbesserung der Versorgung junger Menschen mit Depression in Deutschland (https://t1p.de/ican-greifswald).
Methode: iCAN ist ein blended-care Nachsorgeangebot, das Patient*innen im Anschluss an die stationäre Behandlung für 3 Monate nutzen. iCAN kombiniert eine Smartphone-App (KVT-basierte Trainingsmodule) mit einem Telefoncoaching durch zertifizierte E-Coaches. Die Zusammenstellung des Trainingsplans erfolgt KI-gestützt, die App-Nutzung wird von einem Chatbot begleitet. Ziele von iCAN sind (a) die stationär erreichten Therapieerfolge zu stabilisieren und (b) Patient*innen nach stationärer Behandlung zeitnah an ein passendes ambulantes Nachsorgeangebot anzubinden.
Ergebnisse: Die Effekte von iCAN werden in einer prospektiven, Multicenter-RCT mit N = 368 Patient*innen (13 bis 25 Jahre) evaluiert. Hauptendpunkte für den Vergleich von TAU und TAU plus iCAN sind die Veränderung der Symptomschwere vom Zeitpunkt der Entlassung bis zum 3-Monats-Follow Up, die Nutzung ambulanter Nachsorgeangebote sowie Krankheitskosten.
Diskussion: Im Fall einer positiven Evaluation von iCAN kann dieses innovative Nachsorgekonzept flächendeckend in der Regelversorgung eingesetzt werden. Vorgestellt werden das iCAN-Konzept inkl. Demonstration der Smartphone-App, Studienrational sowie das Evaluationskonzept.
Stefan Lüttke; Christian Aljoscha Lukas; Klara Greffin; Sebastian Saur; Silke Schmidt; Matthias Berking; Eva-Lotta Brakemeier